ACCESS - Dezember 1998
Der Footballer im Musiker

Der Rock-Klops überrascht mit neuer Compilation ("The Very Best Of Meat Loaf") und neuer Plattenfirma (Virgin).

Was sonst noch anliegt, erzählte er im Interview.
ACCESS: Im November wird dein Best-Of-Album veröffentlicht, zur Zeit befindest Du Dich auf Interview-Tour. Was steht sonst noch an im Hause Meat Loaf?
Meat Loaf: Seit Juni stehe ich für einen Kinofilm mit Brad Pitt vor der Kamera.
A: Worum geht’s in dem Streifen?
ML: Die Story ist zu abgedreht, um sie hier wiedergeben zu können. Ihr könnt einen Film erwarten, wie ihn die Welt noch nie gesehen hat - eine düstere Komödie mit Action-Sequenzen.
A: Wie gesagt, werden wir in Kürze mit einer weiteren Greatest-Hits-Kopplung von Meat Loaf beschenkt ...
ML: ... und zwar der ersten, an deren Entstehung ich aktiv beteiligt war. Es gibt schon ein paar Compilations von mir, aber damit hatte ich nichts zu tun. Epic beispielsweise hat "Hits Out Of Hell" veröffentlicht, nachdem ich dieses Label verlassen hatte. "The Very Best Of Meat Loaf" erscheint bei meiner neuen Company Virgin, und es ist die erste Compilation, über die ich wirklich die Kontrolle hatte. Es hat eine Ewigkeit gedauert, bis ich die genaue Reihenfolge der Songs auf dem Album ausgetüftelt hatte, und das Ergebnis ist großartig! Es ist nicht nur ein Haufen aneinandergeketteter Songs, sondern eine Art imaginärer Kinofilm - ich habe zu jedem Song ein bestimmtes Bild im Kopf und zusammen ergeben sie einen Zusammenhang.
A: Dann würde es sich auch anbieten, parallel zur CD eine Video-Compilation zu veröffentlichen ...
ML: Ja, aber dafür gibt es meines Wissens noch keine konkreten Pläne seitens der Plattenfirma.
A: Du hast in Deiner Karriere ein paar vielbeachtete Duette aufgenommen - zum Beispiel mit Cher -, aber keines davon ist auf dem Best-Of-Album zu finden ...
ML: Verdammt, das habe ich ja total vergessen! Ich hatte mir vorgenommen, unbedingt mein allererstes Duett mit Stoney auf die Scheibe zu bringen. Hättet Ihr es nicht erwähnt, wäre es mir gar nicht mehr eingefallen.
A: Tina Turner fehlt Dir noch in Deiner "Duett-Sammlung". Sie wird bald ihren 60. Geburtstag feiern - das wäre doch ein guter Anlaß zu einem gemeinsamen Ständchen ...
ML: Sie wird 60?! Kaum zu glauben, wenn man sie sich ansieht. Ich glaube, sie altert in Wirklichkeit gar nicht - so ähnlich wie die Rolling Stones. Und wenn sich die Gelegenheit ergäbe, würde ich jeder Zeit mit ihr zusammen singen.
A: Alle Welt kennt Dich aus der "Rocky Horror Picture Show", Du hast bei der New Yorker Inszenierung von "Hair" mitgewirkt, und viele Deiner Songs besitzen auch einen gewissen Musical-Touch ...
ML: Das ist ganz logisch, schließlich kommen Jim Steinman und ich eher aus der Theater-Ecke. Wir haben nicht als Garagenband angefangen, sondern hatten andere Vorstellungen von Rockmusik. Ich habe mich zwischen 1969 und 1976 ausschließlich auf das Theater konzentriert, bei Jim war es ähnlich. Daraus ergab sich der Umstand, daß wir versuchten, unsere Songs wie Theaterstücke aufzubauen. Das ist auch der Grund für die zahlreichen Duette: Ich brauchte einfach eine Art musikalischen Spielpartner.
A: Deine Zusammenarbeit mit Jim Steinman war sehr intensiv, bis es irgendwann zum überraschenden Bruch kam ...
ML: ... der eine andere Ursache hatte, als die Leute dachten: Jim Steinman und ich hatten den gleichen Manager, und ich habe diesen Manager gefeuert. Dadurch wurde die Weiterarbeit mit Jim erschwert bzw. unmöglich.
A: Wie war die Zusammenarbeit mit dem deutschen Produzenten Frank Farian?
ML: Farian ist einer der besten Produzenten der Welt. Er ist wirklich talentiert, und ich könnte mir vorstellen, auch in der Zukunft wieder mit ihm Platten aufzunehmen, sollte Jim Steinman nicht verfügbar sein.
A: Farian ist aber doch eher für leichtgewichtigen Pop bekannt als für ein Schwergewicht wie Meat Loaf ...
ML: Das stimmt, aber es kommt ja nicht darauf an, welche Art von Musik er produziert - ein Produzent ist nicht für das Musikalische, sondern für das Technische beim Aufnahmeprozeß zuständig.
A: Auf dem Best-Of-Album befinden sich drei neue Songs - wer hat die produziert?
ML: Zwei davon gehen auf Jim Steinmans Konto, und bei einem zeichnete Ross Titleman verantwortlich.
A: Wie fügen sich diese neuen Tracks in das Gesamtbild ein?
ML: Leute, die mich nicht kennen, wissen nicht, welche Songs alt und welche neu sind. Die sind der Meinung, die neuen Songs klängen wie die alten. Ich hingegen sage, die alten Songs klingen wie neu. Manche Rockbands meinen, sie müßten an einem gewissen Punkt ihrer Karriere ihr Konzept verändern und zum Beispiel Ska oder afrikanische Rhythmen in ihr Songs einfließen lassen. Jim Steinman und mir ist es egal, ob wir unseren Stil verändern oder nicht - wir kreieren einfach die Musik, die uns vorschwebt. Meine Musik war niemals das, was man als "mainstreamig" oder "zeitgemäß" bezeichnet - sie stand immer allein für sich. Und ich finde meine Songs wesentlich gewagter als beispielsweise die krampfhaften Sound-Experimente von U2.
A: Ein Titel auf "The Very Best Of Meat Loaf" ist die Lloyd-Webber-Komposition "No Matter What", mit der Boyzone gerade einen großen Hit verbuchen konnten ...
ML: Ich habe mich sehr darüber geärgert, denn mir war versprochen worden, daß Boyzone diese Nummer nicht als Single herausbringen.
A: Wirst Du "The Very Best Of Meat Loaf" auch live vorstellen?
ML: Ja, aber die genauen Daten stehen noch nicht fest. Wahrscheinlich werden wir im März oder April in Deutschland on the road sein.
A: Wer wird dann in Deiner Band spielen?
ML: Ich habe drei neue, junge Musiker an Bord. Unser Pianist war vier Jahre alt, als "Bat Out Of Hell" 1977 erschien!
A: An welchen Vorbildern hast Du Dich orientiert, als Du zum ersten Mal auf die Bühne gestiegen bist?
ML: Orson Welles, Sidney Greenstreet und ein paar amerikanische Football-Spieler. Man muß schon eine gewisse Intensität und Stärke an den Tag legen, wenn man auf die Bühne geht. Wenn ich diese Typen sehe, die sich völlig nonchalant geben und auf der Bühne erst einmal ihre Gitarren stimmen, anstatt gleich loszulegen, drehe ich durch! Das erinnert mich immer an eine Fußballmannschaft, die auf den Platz geht, ohne zu wissen, was jetzt zu tun ist. Auf der Bühne muß man sehr konzentriert sein und ganz genau wissen, was man tut.
A: Man merkt, daß Du Dich für Sport interessierst. In dem Zusammenhang fällt einem Dein Klassiker "Paradise By The Dashboard Light" ein, in dem Du Sport, Sex und Rock’n Roll auf sehr clevere Weise verbunden hast ...
ML: Ja, wir wollten damals zwischenmenschliche Aktivitäten mit Baseball-Begriffen beschreiben.
A: In einem der neueren Songs hast Du die übliche Phrase "Sex & Drugs & Rock’n Roll" gegen "Sex & Drums & Rock’n Roll" ausgetauscht - etwa aus Angst vor der Zensur?
ML: Nein, es ist einfach nur ein Wortspiel, das sich auf das alte Drogen-Klischee bezieht. Man muß nicht high sein, um "Bat Out Of Hell" zu hören - ganz im Gegenteil. Übrigens gibt es eine Reihe von Psychologen in Amerika, die "Bat Out Of Hell" als therapeutisches Instrument benutzen: Forschungen der Harvard University zufolge sollen die Songs so starke und unterschiedliche Emotionen auslösen, daß man sie psychisch gestörten Leuten vorspielt, um ihre Reaktionen darauf zu testen. Ich sage deshalb immer scherzhaft: "Wenn Du "Bat Out Of Hell" nicht magst, ist irgend etwas ganz und gar nicht in Ordnung mit Dir - such‘ schnellstens einen Doktor auf!"



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